Das Geldwunder von Wörgl – Eine Erfolgsgeschichte des Schwundgeldes
Schon einmal etwas von Schwundgeld oder Freigeld gehört? In Zeiten wirtschaftlicher Not greifen Menschen oft zu innovativen Lösungen, um ihre lokale Wirtschaft zu stärken. Eines der bekanntesten Experimente dieser Art fand während der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren in der österreichischen Gemeinde Wörgl statt. Doch wie genau funktionierte dieses sogenannte Wörgler Schwundgeld, und welche Lehren können wir daraus für alternative Währungen und Wirtschaftssysteme ziehen? Tauchen Sie mit uns ein in die faszinierende Geschichte des Wörgler Schwundgeld-Experiments und erfahren Sie, wie es die Entwicklung von Alternativwährungen inspiriert hat.
Ausgangssituation
In den frühen 1930er Jahren fand sich die österreichische Stadt Wörgl in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage wieder, die von der Weltwirtschaftskrise 1929 und dem Übergang der Bahn von Kohlebetrieb auf Elektrifizierung geprägt war. Diese Situation führte zu hoher Arbeitslosigkeit und einer deflationären Spirale, bei der Geld zurückgehalten wurde und der Wirtschaftskreislauf zum Erliegen kam. Um dieser Krise entgegenzuwirken, entwickelte der damalige Bürgermeister von Wörgl, Michael Unterguggenberger, ein Nothilfe-Programm, das auf der Freiwirtschaftslehre von Silvio Gesell basierte.
Die Einführung des Schwundgelds
Das Wörgler Schwundgeld, auch als Freigeld oder Geldwunder von Wörgl bekannt, war ein Experiment, bei dem umlaufgesichertes Freigeld als Komplementärwährung im Wert von 34.500 Schilling für die Region Wörgl ausgegeben wurde. Das Geldexperiment wurde am 8. Juli 1932 vom Wörgler Gemeinderat einstimmig angenommen. Die Arbeitswertscheine waren umlaufgesichertes Freigeld, da sie durch Hinterlegung von Bargeld der Gemeinde bei der Wörgler Raiffeisenkasse gedeckt und gleichwertig an den Schilling gekoppelt waren. Gleichzeitig handelte es sich um Schwundgeld: Monatlich musste eine Marke zu einem Prozent des Nennwertes der Note gekauft und in ein dafür vorgesehenes Feld auf der Vorderseite des Geldscheins geklebt werden, um seine Gültigkeit beizubehalten.
Auswirkungen
Das Experiment zeigte bemerkenswerte Erfolge. Der Einnahmenrückstand der Gemeinde verringerte sich um 34 %, der Abgabenrückstand um über 60 %, der Ertrag an Gemeindesteuern stieg um 34 % und die Investitionsausgaben der Gemeinde nahmen um etwa 220 % zu. Die Arbeitslosenquote in Wörgl sank in den 14 Monaten des Experiments von 21 auf 15 %, während sie im übrigen Land weiter anstieg. Das Interesse an diesem Modellversuch wuchs so stark, dass über hundert weitere Gemeinden im Umkreis von Wörgl dem Beispiel folgen wollten. Auch international fand das Experiment Beachtung und Nachahmer, wie beispielsweise in Frankreich und den USA.
Bewertung des Experiments
Das Wörgler Schwundgeldexperiment gilt als erfolgreich, da es die lokale Wirtschaft wiederbelebte und die Arbeitslosigkeit reduzierte. Es zeigte, dass alternative Währungen eine Möglichkeit sein können, um wirtschaftliche Probleme zu lösen und die lokale Wirtschaft zu stärken. Darüber hinaus stellte es auch die Rolle des Zinssystems in der Wirtschaft in Frage und trug dazu bei, dass alternative Wirtschaftstheorien wie die Freiwirtschaftsbewegung mehr Aufmerksamkeit erhielten.
Die Zeitschrift Der Österreichische Volkswirt berichtete:
„Die Marktgemeinde Wörgl hat im Jahre 1932 durch Ausgabe von Schwundgeld ihren zerrütteten Haushalt in Ordnung gebracht, umfangreiche Investitionen durchgeführt und die Wirtschaft ihrer Bürgerschaft belebt. All das zusammen ergibt das Wunder von Wörgl, von dem nicht nur das Inntal widerhallt.“ – Artikel in Der Österreichische Volkswirt, 25. Jahr Nr. 35 vom 27. Mai 1933
Beendigung
Trotz der Erfolge wurde das Experiment im Januar 1933 von der österreichischen Nationalbank gestoppt. Die Begründung dafür war, dass das Wörgler Schwundgeld gegen das österreichische Banknotenmonopol verstieß und somit nicht länger erlaubt war. Die Nationalbank ging sogar so weit, die Gemeinde Wörgl zu verklagen, um die Ausgabe von Schwundgeld zu stoppen. Das Experiment wurde endgültig am 15. September 1933 eingestellt.
Nachwirkungen und Einfluss auf moderne Alternativwährungen
Trotz der rechtlichen Hürden und der Beendigung des Wörgler Schwundgeld-Experiments diente es als wichtiger Impulsgeber für alternative Währungen und wirtschaftliche Systeme. Es zeigte, dass eine lokale Komplementärwährung erfolgreich sein kann, um wirtschaftliche Probleme zu lösen und die lokale Wirtschaft zu stärken. Dieses Experiment beeinflusste die Entwicklung weiterer alternativer Währungen und Modelle, wie zum Beispiel Regionalgeld in Deutschland, dem „BerkShares“ in den USA und dem „Bristol Pound“ in Großbritannien.
Die Lehren aus dem Wörgler Schwundgeld-Experiment sind auch heute noch relevant, vor allem im Zusammenhang mit der Diskussion um Vollgeld und der Rolle von Zentralbanken bei der Schaffung von Geld. Die Idee der Freiwirtschaft und der negativen Zinsen als Instrument zur Ankurbelung der Wirtschaft wurde in der Vergangenheit von einigen Ökonomen unterstützt und gewinnt in der aktuellen wirtschaftlichen Debatte wieder an Bedeutung.
Schlussfolgerung
Das Wörgler Schwundgeld-Experiment war eine mutige und innovative Idee, die zwar nur von kurzer Dauer war, aber dennoch einen bleibenden Eindruck hinterließ. Es zeigte, dass alternative Währungen eine Möglichkeit sein können, um wirtschaftliche Probleme zu lösen und die lokale Wirtschaft zu stärken. Die Erfahrungen aus dem Experiment in Wörgl dienen auch heute noch als wichtige Anregung für die Entwicklung neuer Alternativwährungen und die Diskussion um alternative Wirtschaftssysteme.
Trotz der Beendigung des Experiments und der damaligen rechtlichen Hürden bleibt das Wörgler Schwundgeld-Experiment ein faszinierendes Stück Wirtschaftsgeschichte, das zeigt, wie innovative Ansätze lokale Gemeinschaften stärken und die Wirtschaft ankurbeln können. Es dient als Erinnerung daran, dass Wirtschaft und Geldsysteme anpassungsfähig sein müssen und kontinuierlich hinterfragt werden sollten, um den Bedürfnissen der Menschen und der Gesellschaft gerecht zu werden.
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